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Schyren-Theater inszeniert Dürrenmatts ‚Die Physiker‘

Wird es jemals gelingen, wissenschaftliche Erkenntnisse zu verwerfen, sobald diese die Menschheit bedrohen? Sind Theoretiker, deren Geistesgröße den Bau neuer Waffen ermöglicht, die wahren ‚wilden Tiere‘? Diese Frage stellt Friedrich Dürrenmatt 1961 in seinem zeitlos aktuellen Drama ‚Die Physiker‘, das das Schyren-Theater unter der Leitung von Richard Fischer am Freitag, den 25. November um 19:00 Uhr noch einmal auf die Bühne bringt.
Titelfiguren sind drei Forscher (Pascal Altendorf, Salome Lönner, Reinold Lifke), die als Patienten in einer Nervenheilanstalt leben – doch wer von ihnen ist tatsächlich dem Wahnsinn verfallen, und wer simuliert? Das Stück verlangt es den Darstellern ab, immer wieder zwischen der klaren und der verrückten Variante dieser Figuren zu wechseln und sogar dieses Rollenspiel noch ironisch zu kommentieren – die Herausforderung meisterten sie bei der Premiere am Mittwochabend mit Bravour und hohem Unterhaltungswert. Dann ein verstörender und großer Moment des ersten Akts: Möbius´ düster-durchgeknallter Weltraum-Monolog, erschütternd und eindringlich dargeboten von Pascal Altendorf, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.
Das Stück ist aber auch eine Agenten- und Kriminalkomödie, die sich um nichts weniger als um die Jagd nach der Weltformel dreht. Dieses Ringen erfordert leider einige ‚Kollateralschäden‘ in Gestalt dreier Pflegekräfte; und gleich die allererste Szene beginnt makaber, mit der Inaugenscheinnahme eines Tatorts durch abgebrühte Einsatzkräfte: Annika Hasler, Paul Deckert und Laura Kotissek agieren, als hätten sie schon einmal ein Berufspraktikum bei der Kriminalpolizei abgeleistet. Die undurchsichtige Anstaltsleiterin (Anna-Maria Kunhardt von Schmidt) zeigt erst am Ende ihr wahres Gesicht.
Regisseur Richard Fischer setzt bewusst auf klassisches Schultheater, das ganz vom Handwerk des Darstellens lebt und jeder Versuchung durch wohlfeile Spezialeffekte widersteht. Man möchte die Truppe ermutigen, diese Linie beizubehalten, mit der sie ihre ganze Stärke ausspielt. Stellvertretend für alle Mitwirkenden seien hier noch Lucia Vogl und Johanna Gürtner als Krankenschwestern sowie Michael Hiereth und Carina Lönner als Möbius´ Exfrau samt frömmelndem Missionar genannt, die ihre Rollen überaus überzeugend ausfüllen. Körpersprache und Artikulation, die Bewegung im Raum, hier stimmt alles. Die knapp über hundert Besucher in der baulich erneuerten Aula des Schyren-Gymnasiums konnten – nach langer Zwangspause – wieder Schultheater auf sehr hohem Niveau erleben.
Das Bild zeigt die Physiker Ernesti, Möbius und Beutler (Reinold Lifke, Pascal Altendorf, Salome Lönner). Sie verhandeln die Rolle der Naturwissenschaft für das Schicksal der Menschheit – bezeichnenderweise in einer Nervenheilanstalt.
Die Vorstellung beginnt um 19:00 in der Aula des Schyren-Gymnasiums. Der Eintritt ist frei.

Text und Foto: Roland Scheerer