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Vampire sind anders – Schyren-Theater zeigte intelligente Gruselkomödie

Eine offene und tolerante Gesellschaft wollen wir sein. Sind wir aber nicht: Vampire haben mit bösartigen Vorurteilen zu kämpfen. Das Kultusministerium hat nun einen Schulversuch beschlossen, nach dem Menschen und Untote erstmals gemeinsam unterrichtet werden – zumindest in dem wunderbar bissigen Stück „Bitte nicht beißen!“ von Kathrin Wiegand, das am Mittwochabend am Schyren-Gymnasium Premiere hatte.

Das Inklusionskonzept stößt aber bei vielen auf Skepsis. Zum Beispiel werden von den Vertretern der Mehrheits- oder Leitkultur überall Kruzifixe aufgehängt, um der Randgruppe zu zeigen, wo ihr Platz ist; Parallelen zur Tagespolitik sind natürlich rein zufällig. Wenn im Klassenzimmer nach Herzenslust abgestandene Klischees über die blutsaugenden Zeitgenossen ausgebreitet werden, nimmt es nicht Wunder, dass auch diese nur bedingte Integrationsbereitschaft an den Tag legen. Und natürlich passiert, was nicht passieren darf: eine Gewalttat. Während eines Feueralarms! Endlich Entrüstung! Als ob man es nicht vorher gewusst hätte! Wer sich nun von wem bedroht fühlt und wer für wen eine reale Gefährdung darstellt, das muss jetzt gründlich ausdiskutiert werden. Aber wie soll man eigentlich, nun ja, gewisse Eigenschaften der Vampire ansprechen, ohne die Vertreter dieser Subkultur verbal herabzuwürdigen? Am Ende keimt ein böser Verdacht: Wurde das Projekt „Multikulti“ gar von seinen Gegnern initiiert, damit die selbsterfüllende Prophezeiung, es würde nicht funktionieren, sich bewahrheitet?

Unter der Regie von Richard Fischer und Eva Kreil zeigt die jüngere Besetzung des Schyren-Theaters eine ganz hervorragende Leistung: alle Schüler-Gestalten erhalten von Anfang an ihre unverkennbare Persönlichkeit, und doch agiert die fünfzehnköpfige Truppe kompromisslos als Team. Stellvertretend seien Maja Lauff und Valeria Krammer genannt, die ganz in ihren Rollen als Vampirin Susan und fiese Zicke Finnja aufgehen. Die Moral bleibt dabei immer unaufdringlich. Bei Grundschulkindern funktioniert das Stück als Gruselkomödie, den Größeren ist es eine kluge Parabel auf gesellschaftliche Herausforderungen unserer Zeit. Die etwa hundert Besucher der Premiere wurden köstlich unterhalten.

Bild und Text: Roland Scheerer