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‚Tisaster‘, das Musical-Musical

Eine vor Originalität strotzende Zugabe hat am 21. Oktober das Musical ‚Tisa‘ bekommen. Das von Stefan Daubner für die Schule komponierte Werk war 2019 von über 140 Mitwirkenden in Pfaffenhofen und Tschechien aufgeführt worden. Es handelt vom Klettern in den Felsen – vor allem aber von der wechselvollen gemeinsamen Geschichte beider Länder und von Liebe, die Grenzen überwindet.
Nun hätte heuer eine Wiederaufnahme des zweisprachigen Bühnenwerks erfolgen sollen, die allerdings nicht zustande kam, weil ein tschechischer Kooperationspartner abgesprungen ist. Da war ein Projektseminar ‚Tisa‘ am Schyren-Gymnasium aber längst neu gegründet – was tun? Die fünfzehn Teilnehmer haben aus der Not eine Tugend gemacht und in Eigenregie ein selbstreferenzielles Musical produziert: aus „Tisa“ wurde „Tisaster“. Dieses handelt davon, wie ‚Tisa‘ scheitert und an dessen Stelle ein anderes Stück entsteht und zur Aufführung kommt. Kurz gesagt, sie spielten sich selbst, wie sie sich dabei spielen, sich selbst zu spielen, und zwar mit Witz und Erkenntnisgewinn. Die Hauptrolle des Komponisten und Dirigenten Dr. Stefan Daubner übernahm Jan Rodrigo Wiegand, während Daubner seinen eigenen Vater verkörperte, von dessen Lebensweisheit und sudetendeutscher Biographie das Projekt von Anfang an inspiriert war.
Die Vorstellung erinnerte an eine Abi-Revue. Im Mittelpunkt steht ein Lehrer in der Sinnkrise, der zur Einsicht kommt, was das größere Glück und seine eigentliche Berufung ist: den Schülern die kreative Leitung zu übergeben, damit Neues entsteht – anstatt an einem Großprojekt festzuhalten, das ihm unter den Händen zerfließt. Aber auch die Teenager bleiben von Sinnkrisen nicht verschont, denn es geht auch um Exzess und Beziehungskrach auf mittelguten Partys, und darum, wie man kreative Differenzen überwindet: Soll es denn ein Klassik-, Pop-, Volksmusik- oder Heavy-Metal-Musical werden? Schwer zu entscheiden, mit leichten Vorteilen für die harte Variante, wenn diese von Johannes Hopfner, Frontmann der Pfaffenhofener Metal-Institution ‚Icecream from Hell‘, persönlich auf der Bühne verkörpert wird.
Die Aula des Schyren-Gymnasiums war am Samstagabend voll besetzt. Viele der Gäste waren ehemalige Mitwirkende des ‚Tisa‘-Musicals; den Alumni-Gedanken, also dass ehemalige Schüler der Schule verbunden bleiben, bezeichnet Stefan Daubner als eines seiner Hauptanliegen. Dem ursprünglichen ‚Tisa‘-Musical ist zu wünschen, dass es bei Gelegenheit wieder aufgeführt wird. Eine deutsch-tschechische Aussöhnung, die 1945/46 undenkbar erschien, ist heute Realität, und davon kündet ‚Tisa‘. Hass für die Ewigkeit ist nun einmal keine Lösung.
Das Foto zeigt eine Seminarteilnehmerin (Anna Pinzl), die die Mitwirkenden von der Überlegenheit klassischer Musik überzeugen möchte.

Text: Roland Scheerer

Foto: Roland Scheerer