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Bekanntes „tagesthemen“-Gesicht Aline Abboud zu Gast 


„Schreiben Sie die Texte, die Sie in den Tagesthemen sprechen, selbst?“, war die erste Frage. „Ja“, antworte Abboud, „unterstützt von einer Redaktion, in abschließender Verantwortung des sog. Chefs vom Dienst“. Und sie fügte an: „In den „tagesthemen“ in der ARD gibt es zu jedem Beitrag ein Bild.“ Nicht nur die Texte seien zu schreiben, sondern auch passende Bilder zu finden. Die Suche gestalte sich oftmals aufwendiger als gedacht. Zurück zum Sprechertext: Jeder Moderator hat seinen eigenen Schreibstil: Abboud präferiere kurze Sätze und Sätze, die mit möglichst wenig Fremdwörtern auskommen. Sie wolle nämlich einen Sachverhalt in den Nachrichten erklären und nicht verkomplizieren.
Nach den Herbstferien sprach Aline Abboud, bekanntes ARD-„tagesthemen“-Gesicht, im LEAP-Kreis zum Thema Journalismus. Die Schüler fragten, Abboud antwortete.
Die Schüler wollten wissen, wie eine Nachrichtensendung entsteht. Abboud sprach von mehreren Konferenzen im Team am Tag, beginnend am Vormittag, endend gegen 16 Uhr, von viel eigener Recherche, von Zusammenarbeit mit der Redaktion, die die geforderten Informationen beibringt, damit ein gehaltvoller Beitrag entsteht. Bei vielen Themen müsse sich der Nachrichtensprecher einlesen, und das in relativ kurzer Zeit. Übrigens: Nicht selten sind Interviews mit Politikern oder Experten in das Nachrichtenformat integriert. Man kennt den Satz „Und das Interview haben wir kurz vor der Sendung aufgezeichnet“. In der Regel findet die Aufzeichnung der Interviews, die neben dem Sprechertext und der Bildsuche im Verlauf des Tages vorbereitet werden müssen, zwischen 18 Uhr und 20 Uhr statt. Vor der Sendung wird jeder Sprecher – Frau wie Mann – notwendigerweise geschminkt, das bedeutet, das Gesicht wird stark abgepudert, um ein gepflegtes, harmonisches Aussehen im Scheinwerferlicht zu erhalten, schließlich soll nichts von den Nachrichten ablenken. Nach der Maske, wie man das Schminken nennt, findet eine Lichtprobe im Studio statt. Etwa 10-15 Minuten, bevor die Sendung, die live ist, beginnt, wird man verkabelt. Realität ist, dass der Nachrichtensprecher während der Sendung zudem Nachrichten ins Ohr bekommt. Das geschieht immer dann, wenn etwas Unvorhergesehenes im Weltgeschehen passiert. Als Beispiel nannte Abboud den Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. im vergangenen Jahr.
Die größte Herausforderung sei die Verifizierung der Fakten, was gerade in Kriegs- und Krisenzeiten sehr schwer sei. Opferzahlen etwa ließen sich relativ leicht entsprechend korrigieren, aber wenn, wie gerade im Nahostkonflikt, beide Seiten die Schuld der je anderen Seite zuschreiben, ist der Journalist herausgefordert und muss einen angemessenen, das heißt einen objektiven Umgang mit den Informationsquellen gewährleisten. Und damit war ein weiteres, ein generelles Problem angesprochen: das in der Bevölkerung vorhandene Misstrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, das Journalisten das Leben als Journalist erschwere. Das Vertrauen in die Medien sinke. Abboud erzählte von verbalen Anfeindungen, denen Journalisten gerade in Social Media aufgrund dieses Misstrauens ausgesetzt seien; sie sprach auch von Anfeindung rassistischer Art in ihrem Fall, weil ihr Vater Libanese sei. „Hate Speech, also Hassrede, ist ein wirkliches Problem geworden.“
Auch Belangloseres kam zur Sprache. Abboud trage in der Sendung teils ihre persönliche Kleidung, jeder Sender habe zudem einen Kleider-Fundus, aus dem man sich bedienen könne, ferner verfüge jeder Sender über ein Budget genau für diesen Zweck. „Und was sollte man tragen und was nicht, wenn man im Fernsehen kommt?“, wollte eine Schülerin wissen. „Die Klamotten müssen gut geschnitten sein, gut sitzen, um aufgrund des Bildformats optimal rüberzukommen, sollen keine kleinkarierten Muster haben, da das durch die Studiobeleuchtung anstrengend für das Auge des Zuschauers ist, und dürfen keine Markennamen zeigen.“ Knallige Farben wie Gelb oder Pink machten sich gut, so Abboud, die mit den Schülern in sehr lockerer, direkter Art sprach. Die lockere Ansprechhaltung zeigte sie auch in der Beantwortung der letzten Frage, die darauf abzielte, was einen guten Journalisten ausmache. Abboud nannte eine Neugier für die Welt und für Menschen, denn man werde mit so vielen verschiedenen Themen konfrontiert, von denen man bislang selbst nichts wusste oder die einen schon in der eigenen Schulzeit langweilten. Vorteilhaft daran sei, dass man sich so ein gutes Allgemeinwissen aufbaue. Authentizität sei gefragt. „Ich merke gleich, wenn sich ein Moderator vor der Kamera verstellt.“ Auch ein gewisses Maß an Entspanntheit ist hilfreich. Gerade wenn man auf Sendung ist, Nachrichten vorliest und zeitgleich neue Informationen aufs Ohr kriegt, müsse man entspannt bleiben.
Die Schülerschaft, die infolge ihres Alters und der Vorliebe für die Suche nach Informationen aus dem Netz nicht klassische Konsumenten öffentlich-rechtlicher Medien sind, erlebte eine junge, erfreulich frische Moderatorin, die aufgrund ihrer natürlichen, lockeren Art neu hinhören ließ und die dem ein‘ oder anderen bereits bekannt war von ihrem Podcast „DIE DA OBEN!”, wo sie aktuelle politische Themen jugendlich und seriös anspricht. Und da zeigt es sich: Jugendliche sind nicht desinteressiert und desinformiert, sie informieren sich anders als heutige Erwachsene (früher).
Zur Person: Abboud wurde 1988 in Ost-Berlin geboren. Sie hat Arabistik in Leipzig, Beirut und Istanbul studiert. Seit September 2021 ist sie Teil des Moderatorenteams der ARD-„tagesthemen“ und von „tagesschau24“. Zuvor ist Abboud im ZDF als Moderatorin und Redakteurin beim „heute Xpress“ und als Reporterin für die Rubrik „außendienst“ des „auslandsjournal“ tätig. 2020 realisiert sie für ARTE die Dokumentation „Und jetzt Wir!“ über jugendliche Protestkultur in Europa. In „Zenith – Der Nahost Podcast” beleuchtet sie die Lage im Nahen Osten; bei funk, dem Online-Medienangebot von ARD und ZDF, präsentiert sie „DIE DA OBEN!“. 

Text: Annette Wörmann 

Foto: Jennifer Fey