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„Auf hoher See“ mit dem Schyren-Theater

Drei Männer im Boot, keine Vorräte. Einer von ihnen muss aufgegessen werden, so weit klar. Bloß wer? Das Schyren-Theater unter der Leitung von Richard Fischer hat dieses Stück auf die Bühne gebracht. Es stammt aus der Feder des polnischen Autors Sławomir Mrożek und ist zugleich ein politisches Gleichnis: Wie wählen, und wie viel soziale Benachteiligung muss jemand geltend machen, um aus Mitleid verschont zu werden? So entsteht eine absurde Rangordnung des Nachteilsausgleichs – ganz zu schweigen davon, dass auf dem Wasser auch drei ganz unterschiedliche Persönlichkeiten aufeinandertreffen. Josua Kock, Elena Rimatzki und Vincent Müller spielen diese Szene eindringlich und gekonnt.

Nach der Pause ist eine zweite Szene desselben Autors zu sehen: Zwei Personen bekommen es mit einer geheimnisvollen, finsteren Macht zu tun. Sie geraten in Gefangenschaft. Sie sind frei, die Zelle zu verlassen – unter der Bedingung, dass sie von dieser Freiheit keinen Gebrauch machen. Es entspinnt sich eine Kontroverse darüber, wie man sich in solcher Situation richtig verhält: Die innere, „geistige Freiheit“ bewahren, sich fügen, wodurch auch das Regime milde gestimmt werden könnte? Doch wo ist die Grenze zu Kollaboration überschritten? Muss man sich dem Unrecht nicht vielmehr offen widersetzen (auf die Gefahr hin, alles nur schlimmer zu machen)? Leider: solange die Opfer über die richtige Linie streiten, hat die Macht um so leichteres Spiel. Es dauert lange, bis dem Zuschauer dämmert, worum es geht; am Ende aber sind es dann die Bühnengestalten (Elias Hehme und Reinold Lifke), die buchstäblich im Dunkeln tappen. Beide Darsteller agieren souverän und ausdrucksstark – insgesamt eine hervorragende Inszenierung des Schultheaters.

Interessant ist, dass beide Stücke eigentlich auf die sozialistische Diktatur gemünzt sind – aber auch in der Gegenwart genug Aussagekraft entfalten, da die behandelten Fragen allgemein-philosophische Dimension haben. Die Theatergruppe bedient sich eines bewusst schlichten, aber wirkungsvollen Bühnenbildes. Erfreulich, dass in Nebenrollen auch zwei ukrainische Schülerinnen mitwirken!

Das Bild zeigt Josua Kock, Vincent Müller und Elena Rimatzki als hungrige Bootsinsassen in „Auf hoher See“.

Text: Roland Scheerer

Foto: Roland Scheerer